Sonntag, 18. Juli 2010

Der Badeanzug

....lässt mich nicht los. Auch wenn ich nicht gerade an ihm stricke - was bei rechten Maschen mit 2,5er Nadeln nicht sehr aufregend ist.


Heute früh war ich mal wieder beim Flohmarkt. Es war wie immer, ich kam an zu einer Zeit, die mir sehr früh erschien und wie immer waren die echten Profis auch schon wieder auf dem Rückzug. Schwer beladen. Und wie immer habe ich mich gefragt, was die jetzt wohl ergattert haben, was ich auch gerne gehabt hätte...obwohl ich das inzwischen nicht mehr wirklich ernst nehme, denn auch ich hätte noch früher aufstehen können. Ausserdem gehe ich zum Flohmarkt, weil ich alte Dinge liebe, nicht weil ich ökonomisch darauf angewiesen bin, die ergatterten Raritäten mit Gewinn weiterzuverkaufen... Ausserdem sind die Geschmäcker verschieden und wenn der Herrgott (und der heilige Antonius) wollen, dass ich ein bestimmtes Teil finde, dann werden sie dafür sorgen, dass auch der Verkäufer verschläft. Oder die frühen Vögel noch so trüb aus der Wäsche schauen, dass sie das Objekt meiner Begierde einfach übersehen.


So fand ich heute dieses Bild, das ich meinen geneigten Lerseinnen zeigen möchte.


Meist halte ich mich bei alten Fotographien zurück, obwohl ich sie am liebsten alle kaufen würde!


Es tut mir immer so unendlich Leid, Bilder von optimistisch dreinblickenden Kommunionskindern, Babys auf Bärenfellen, glücklichen Braut- und Jubelpaaren und Soldaten in voller Gardeuniform zu sehen, die ohne Nachkommen oder, noch schlimmer, mit Nachkommen, denen die Erinnerungen nur im Wege sind, in Schuhkartons oder am Rade von Regenpfützen auf dem Fussboden liegen zu sehen, manchmal in alten Rahmen mit zersprungenem Glas, angeboten von "Haus-und Dachboden-Räumern", die den Preis nach dem Zustand des Rahmens bemessen.


Auch wenn mein liebster katholischer Taliban meint, ich sollte Sonntags lieber in die Messe gehen, mir ist der Flohmarkt lieber, dort kann ich in Ruhe über Neid, Gier, Wunder, Erlösung und die Vergänglichkeit alles Irdischen nachdenken....


Und jetzt zeige ich Euch endlich das Bild, eine Erinnerung an einen vergnügten Tag am Strand, aus der Zeit, wo man noch gestrickte Badeanzüge trug. Und von solchen Erinnerungen wohl auch viel länger zehrte als heute:





Sonntag, 11. Juli 2010

Thema verfehlt

Lange habe ich überlegt...

Zum Thema Trachtensocken habe ich im Moment nichts zu sagen, weil ich an etwas ganz anderem stricke...Einerseits finde ich es schön, wenn mir jemand in seinem blog alles über ein gewisses Thema erzählt, andererseits sind blogs, wo nie etwas passiert einfach öd. Also stehe ich vor der Entscheidung, einen öden blog zu haben oder vom Thema abzuweichen.

Also schweife ich einmal ab...

Zur Zeit beschäftige ich mich mit meiner zweiten Strick-Leidenschaft: vintage. Vintage ist der englische Begriff für altes, unmodernes, unpraktisches und meist völlig überteuertes Zeugs. Warum das mich als Strickerin fasziniert? Weil es mich der Antwort auf die Frage "warum stricke ich?" ein Stück näher bringt.

Ich glaube, ich stricke, um Dinge herzustellen, die ich nicht kaufen kann. In Zeiten, wo es billiger ist, bei einer der in jeder Fussgängerzone allgegenwärtigen Bekleidungs-Ketten einen Pullover zu kaufen als die neueste Verena und die Wolle für das Titel-Modell, macht letzteres für mich keinen ökonomischen Sinn und bereitet mir auch wenig Spass. Der gekaufte Pullover erspart mir die verhasste Maschenprobe sowie das Stricken und Einfügen der Ärmel, ich probiere den Pullover und weiss vor dem Kauf, ob Form und Farbe mir gefallen. Selbergestricktes bedeutet immer ein Risiko, ob das Modell einem wirklich steht und die Passform so ist, wie man sie anhand der Maschenprobe errechnet hat - und ob die Farbe, die auf dem Knäul so schön wirkte, auch auf der grossen Fläche noch schön und kleidsam ist.

Der einzige Grund, diese Risken auf sich zu nehen ist meiner Meinung nach, ein Kleidungsstück zu besitzen, das sonst kaum jemand hat und das man auch in dieser Form nicht im Handel findet - oder eine interessante Stricktechnik auszuprobieren. Also stricke ich Dinge, die nicht "mainstream" sind, wie traditionelle Trachtensocken oder eben...vintage, weil ich schon immer eine Vorliebe für alte Dinge hatte.

So wurde ich auf ein Buch aufmerksam, "A stitch in Time" von Jane Waller und Susan Crawford, das ich mir in England bei knitonthenet bestellt habe. Sehr interessant, weil sowohl die ursprüglichen Anleitungen als auch die überarbeiteten Anleitungen gezeigt sind. Dieses Buch ist in einer Neuauflage erschienen und war in der Zwischenzeit vergriffen und unbezahlbar, hat also wahrscheinlich eine Art Kult-Status.

Das Modell "call of the sea" aus diesem Buch ist eine der Inspirationen für mein derzeitiges Strick-Projekt: Der Badeanzug. Da ich mich nie genau an Anleitungen halte, habe ich beschlossen, die schöne Möve wegzulassen und stattdessen die traditionellen Streifen zu stricken, die ich auf einem Bild in einer Zeitschrift entdeckt habe. Ausserdem habe ich eine Original-Anleitung aus den 30er Jahren für einen Damen-Badeanzug und eine kitschige Porzellanfigur vom Flohmarkt.





Solchermassen gerüstet, mussste ich mich für das richtige Material entscheiden. Die Original-Anleitung strickt mit Wolle, "The call of the Sea" verlangt Baumwolle. Das Garn sollte auch nicht allzu dick sein. Ich entschied mich schliesslich für Sockenwolle von Lana Grossa, ein Wolle-Baumwoll Mix mit etwas Elasthan (was zwar nicht authentisch ist, in diesem Fall aber sicher nicht schadet). Glücklicherweise ist dieses Garn in Schwarz und einem schönen, leuchtenden Blau erhältlich. Das Stricken ist mit 2,5 er Nadeln eine rechte Fleissarbeit und ehr langweilig. Ich stricke rund, am Saum des "Kleidchens" beginnend, um Linksreihen und Seitennähte zu vermeiden - eine zweite Rundnadel ermöglicht es, das Teil anzuprobieren. Inzwischen bin ich beim Halsausschnitt angelangt, der etwas weniger tief als der Rücken- und die Armausschnitte sind - ausserdem musste ich feststellen, dass ich entgegen aller Anleitungen beim Vorderteil die Maschen der Armausschnitte langsamer abnehmen muss als beim Rückteil.

Die nächste Frage wird das Hosenteil...eine Anleitung beginnt mit Rock und Hose gleichzeitig und strickt die Maschen in der Taille zusammen, die andere strickt die Hose extra und näht sie fest, ich spiele mit dem Gedanken, die Maschen für die Hose aus dem Oberteil aufzunehmen und sie von der Taille nach unten zu stricken, mit verkürzten Reihen hinten und einem eingestrickten Zwickel...

Fortsetzung folgt (vielleicht)